Sätze sammeln: Gerd, der Bottroper Chinese
Hallo zusammen,
hier mal ein wunderbarer Satz, den ich so original in Bottrop hören durfte. Es ist im weitesten Sinne auch ein Integrationssatz – ein Ruhrgebiets-Integrations-Satz. Ich saß in einer Pizzeria und wartete auf meine Nudeln. Am Nebentisch saßen mehrere Männer unterschiedlicher Nationalitäten, die sich angeregt unterhielten. Und völlig unvermittelt schmetterte einer von denen folgenden wunderschönen Satz in den Raum: „Nehmen wir doch ma so ´nen Chinesen – nehmen wir mal den Gerd.“ Das machte mich neugierig: Gerd, der Chinese. Wie mag der so sein? Vielleicht hat er ein China-Restaurant „Bei Gerd“. Oder „Gerds acht Schätze des Shaolin“. Oder vielleicht sogar „Die acht Schätze des Gerd“. Ist im Sparclub, liest den Kicker und geht auf Schalke – so isser, der Gerd. Und wenner im Stadion ankommt, dann rufen alle laut „Mensch, Gerd, alter Chinese – Du auch ma widder hier? Benno, bring ma´n Bier für den Gerd mit.“ Und Benno, der Afghane, holt fünf Bier. Kann man sich so vorstellen, oder? Und wie ich mir das gerade so ausmale, da höre ich auf einmal vm Nebentisch: „Da isser ja, der Gerd! Wie isset? Wat macht die Familie?“ Und in der Pizzeria steht – ein Chinese mit chinesischer Frau und Kind. Der Gerd. Wie er leibt und lebt. Das Kind futtert Pommes. Und was sagt der Gerd? Er spricht den wahrscheinlich chinesischsten Satz aus, der jemals in Bottrop zur Begrüßung verwendet wurde, nämlich: „Scheißwetter, wa?!?“ Wunderbar. Ich hab mich fast an ner Tortellini verschluckt. Der bestintegrierte Chinese des kompletten Ruhrgebiets. Und ich durfte ihn live erleben. Und wie um es perfekt zu machen, sagt seine Frau zu dem Kind: „Gib mir auch ma ne Pommes.“ Das Kind gibt ihr eine. Sie beißt rein und sagt. „Bäh! Wo hasse die denn her?“ Das Kind antwortet: „Von Onkel Manfred.“ Und die Frau sagt den Satz, der alles perfekt macht: „Die schmeißen wir weg und sagen war lecker!“ Was soll man sagen? Diese Familie ist zu hundert Prozent im Ruhrgebiet angekommen.